Zur Startseite
 
ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ?  
 

M

Menschenrechte

Die größte Erzählung über Freiheit. Verkommen zur moralischen Norm, weit ab von jeder Praktizierung. Instrumente der Selbstbestimmung und der Gleichberechtigung – eingeschränkter Egoismus als Protestsignal. Ein Paket als Ganzes. Unteilbar, das Recht auf Leben. Einzuhalten, die Pflicht auf Leben. Hierarchisch, das Recht auf soziale Ordnung. Die einen oben, die anderen unten. Das Recht auf eine gebildete Meinung. Daher verstummt die Kenntnis der Menschenrechte. Instrumente der Würde. Tonlos geworden.

Menschenrechtsbildung – doppelplusungut in Neusprech. Kenntnis des Schutzapparates. An wen kann ich mich wenden, wenn meine Rechte eingeschnitten wurden. An wen sollte ich mich wenden, wenn ich sehe, dass die Rechte anderer eingeschnitten wurden. Sollte da in der Tat ein Unterschied sein? Ein Apparat zum Umgang mit Diskriminierung. Anerkennung von Straftaten. Sofern sie vorgebracht werden. Wenn nicht, ist man als Opfer vogelfrei. Den Tätern stehen Menschenrechte zu. Die gleichen, wie den Opfern - werden sie denn anerkannt. Da sei doch ein Richterspruch einfach zu fällen. Welch ein Hammerschlag. Aus Unrecht kann Recht werden, wenn man ein Mensch ist. So oder so.

Des Kaisers neue Kleider sind besonders eng gestrickt. Ein feines Mäntelchen, das sich jeder umhängen kann. Es passt immer was drüber: Klimaschutz, Ethik, Moral, die Medien, persönliche Interessen. Wer denn glaubt, die Menschenrechte sind einheitlich auf diesem Erdball, der irrt. Da hier jeder meint, mitreden zu können, sind diese auch unterschiedlich. So unterschiedlich, wie die Machtstrukturen auf unserem Planeten. Aber jede Machtstruktur nennt sie universell. Die Gemeinsamkeit ins Universum geschoben – exterritorial. Keinen festen Boden unter den Füßen.

Man unterscheidet Persönlichkeitsrechte, Freiheitsrechte, justizielle und soziale Menschenrechte. Je nach den politischen Randbedingungen. Allen voran steht das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Das lässt den Unterdrückern offiziell immerhin noch die Chance auf Psychoterror. Solange man dies nicht unter Folter oder sonst einer Züchtigung tut. Insoweit hat unser Alt-68’er dieses Recht verinnerlicht.

Auch die Freiheitsrechte sind wandelbar. Es gilt die Freiheit auf Eigentum für Herrn Ackermann und für jeden x-beliebigen Hartz-IV-Empfänger. Es gilt die Meinungsfreiheit, doch wehe dem, der sie offen vorträgt. Es gilt die Versammlungsfreiheit in Dresden, aber nicht unbedingt in Heiligendamm. Es gilt die Informationsfreiheit, soweit von den Geheimdiensten frei gegeben. Es gilt die Berufsfreiheit, es sei denn, es greift hier die Chancengleichheit von Mann und Frau. Es gilt die Religionsfreiheit, bis hin zur absetzbaren Spendenquittung. Es gilt die Freiheit vor willkürlichen Eingriffen in die Privatsphäre. Gut, das Internet ist schon lange nicht mehr privat.

Nun begeben wir uns auf das paradoxe Gebiet der Justiz: Es gilt ein wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz bei Rechtsverletzungen. Soll wohl heißen, der/die, der/die das Recht verletzt hat/haben, hat/haben Schutz vor einer rechtlichen Verfolgung. Jetzt wird mir einiges klar! In dubio Prosecco! Victoria! Ein Täter hat Anspruch auf Gehör, ein Verfahren und eine adäquate Gesetzesänderung. Schön! Und wer war doch gleich das Opfer?

Last but not least (und man darf es heute laut sagen, nach dem Zusammenbruch des Ostblocks): Die sozialen Menschenrechte. Darin finden sich solche Exoten wie „Die Gleichberechtigung von Mann und Frau“, „Das Recht auf Selbstbestimmung“ – sofern es die Banken zulassen, „Das Recht auf den besten, erreichbaren Gesundheitszustand“ – natürlich entsprechend der Änderungen aus dem „Gesetzes-Reform-Haus“, „Das Recht auf Arbeit und (!) angemessene Entlohnung“ … Sorry, nein, ich muss aufhören. Liege hier von Lachkrämpfen geschüttelt unter dem Tisch. Der größte Witz des 21. Jahrhunderts! Nur die Tränen sind echt. Wie sagte einst ein großer deutscher Dichter: „Denk ich an Deutschland in der Nacht, …“ Wir haben die Nacht inzwischen zum Tag gemacht. Und doch: Viel zu viele haben einen gesunden Schlaf.

zurück