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Der Ortsverein

Deutschland, das Land der praktizierten Basisdemokratie. Blicken wir mal etwas hinter die Kulissen:

Das Triumvierrad (?)
Altgediente Alt-68’er. Sandkastenfreunde. Gemeinsamer Schulweg. Gut situiert. Beamteter Lehrer, Anwalt, Architekt, Chefsekretärin. Aus jedem ist ein Pöstchen geworden. Kreistag, Bürgermeister, technischer Ausschuss, Schriftführerin. Sie organisieren die wirklich große Politik. Wer bekommt welchen Auftrag von der Gemeinde. Wer darf der Opposition wie übers Maul fahren. Wer muss auf welches Ortsfest gehen. Wann findet der nächste Stammtisch statt. Wer wird neuer Ortsvereinsvorsitzender. Wer hält die neu zugezogen Parteimitglieder von der Politik fern und überträgt ihnen dienende Aufgaben.

Die Jubelnden
Angetan von dem Gedanken, ab und an mal die Ausdünstungen der großen Vier schnuppern zu dürfen. Berauscht vom Dunstkreis der Macht. Sprachlos. Das wirkliche Sagen haben andere. Wenn sie doch einmal den Mund auftun, plappern sie nach. Sie werden geduldet. Sind einfach zu führen. Berechenbar. Einsetzbar. Von ihnen droht keine Gefahr.

Die Arbeitstiere
Seit Jahren dabei. Arbeit an der Basis ist wichtig. Es gibt kein Fest, an dem sie nicht ihre helfende Hand reichen. Kein Plakat würde ohne sie hängen. Kein Stand ohne sie aufgebaut. Sie wundern sich, das ihre Arbeit nicht anerkannt wird. Sie sind eben seit Jahren dabei.

Die Mitläufer
Stolz über ihre Jahrhunderte lange Inzucht-Tradition einer alteingesessenen Familie. Das Rückrat der Gemeinde. Sie kennen die wirklichen Belange und werden dafür mit einem Posten im Gemeinderat betraut. Im Musikverein. Im Sportverein. Bei der freiwilligen Feuerwehr. Den Schützen. Im Karnevalsclub. Sie repräsentieren gut die jeweils angebrachten Werte – je nach Veranstaltung.

Die Ehrgeizigen
Sie erscheinen zu jeder Sitzung. Man überträgt ihnen Aufgaben, deren Ziel sie sehr schnell erkennen: Den Machterhalt des Triumvierrades (?). Sie spielen das Spiel mit und suchen sich ein Sprungbrett in höhere Kreise. Etablieren sich. Haben Erfolg. Werden zurückgezogen mit den Worten „Die Basis ist die Quelle der Macht!“. Sie legen sich Taubheit zu und gehen ihren Weg. Man lässt sie in Ruhe. Sie sind aus alteingesessenen Familien. Man könnte stolz auf sie sein, wenn es das eigene Pöstchen nicht gefährden würde.

Die Frustrierten
Einst ehrgeizig, haben sie sehr schnell erkannt, dass sie entscheidende Fehler haben. Sie haben lukrative Jobs, für die sie sich engagieren. Sie sind nicht aus dem Ort. Sie haben noch andere Hobbys außer Politik. Sie sind gewohnt zu denken. Man hat ihnen eine Chance gegeben. Ist auf ihrem Erfolg davon geritten. Hat ihnen Vorwürfe gemacht, sich nicht für „die Sache“ einzusetzen. Baut Mauern auf. Man braucht sie dennoch, weil sie kompetent sind. Sie sollen nach außen wirken, weil sie da sind. Aber mehr bitte nicht.

Die Weisen
Den Intrigantenstadel erkennend, bleiben sie jeder Versammlung fern. Sie machen ihr Kreuz immer an der richtigen Stelle. Sie sprechen hochpolitischen Entscheidungen wie: „Was kostet eine Apfelsaftschorle am Sommerfest?“ jede Brisanz ab. Politik kommt über sie wie die Worte des Herrn oder ein kalter Regenschauer. Von oben. Sie haben Recht. Politik machen immer andere.

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