Zur Startseite
 
ABCD
EFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ?
 
 

D

Demokratie oder Stabilität?

Man sollte meinen, das Eine hätte etwas mit dem Anderen zu tun, doch die demokratischen Staaten des Westens beweisen uns der Tage mit dem Volksaufstand in Ägypten das Gegenteil. Da will das Volk Demokratie, Freiheit und Teilhabe und der Westen schaut ratlos zu. Der Ägypter an sich ist in seinen 7.000 Jahren Geschichte ja nicht sonderlich als Rebell aufgefallen. Das muss also ernster sein als wir glauben wollen.

Funktionäre plündern die Geschichte und nicht nur das Ägyptische Museum. Marodierende Banden – auch eine nette Umschreibung für Polizisten in Zivil – ziehen durch Cairos Innenstadt und prügeln auf Demonstranten ein, während ein Herrscher von eigenen Gnaden vor laufenden Kameras wieder Mal sich und andere belügt: Sei er weg, so herrsche das Chaos. Was jetzt passiert, hat also alles seine Ordnung, was? Schön! Und noch besser, dass der Westen ihm alles nachblökt – im Namen der Stabilität.

Was sollte in so einer Region auch Demokratie einziehen? Da hätte man ja in Jerusalem plötzlich ein richtiges Problem – man bräuchte den Mossad nicht mehr. Na, für solche Fälle beschwört man doch gleich die Muslim-Brüder herauf und bringt Kritiker zum Schweigen. Reporter werden jetzt auch schon auf den Straßen verfolgt. Nicht nur im Internet oder in Polizeistationen.

Es geht hier nicht um Demokratie oder Stabilität, es geht um Macht und Geld. Wie immer!
- Der Suez-Kanal: Billiglieferungen aus China und Indien ermöglichen, die wir zu diesen Kosten nicht übernehmen könnten.
- Öllieferungen: Dem Mittleren Osten glauben machen, Russland, China und die Arktis würden ihm nicht in den nächsten zehn Jahren den Rang ablaufen.
- Der Heilsbringer Obama: Hat er überhaupt noch die Macht oder ist das Geld dazu längst in China?
- Globale Spekulationsgewinne auf Nahrungsmittel: Immer schön die Preise für Zucker, Weizen oder Rohstoffe nach oben treiben. Die Anderen bezahlen’s ja!

Auch interessant, wie sich die Medien verhalten und wieder mit den üblichen Talkshows die Oberfläche polieren. Die Frage nach den Möglichkeiten des Hätte-Wäre-Wenn ist schnell ausgemacht. 1. die Mubarak-Anhänger (die Bösen, aber wehe sie gewinnen!), 2. die Muslim-Brüder (die Bösen, aber wehe sie gewinnen!), 3. die Assange-Anhänger der Generation Twitter (die Bösen, aber wehe sie gewinnen!). Schön, dass man drei Parteien ausgemacht hat, die man zur Not (jede für sich oder gemeinsam) als den Feind darstellen kann - je nachdem, wie man’s braucht. Ich habe nicht SO oder SO gesagt, damit niemand sagen kann, ich hätte SO oder SO gesagt. Feine Position – so unverbindlich! So offen! So Nicht-ganz-dicht! Und für alle Fälle: Laßt’s uns klein reden, damit’s nicht größer wird!

Die Frage nach dem Auslöser des Volksaufstandes wird mit Generation Facebook abgetan. Doch so einfach ist es nicht: Die wirtschaftliche Krise, despotische Herrscher und eine korrupte Elite bilden den Ausschlag. Als westlicher Politiker würde ich mich jetzt ganz schön warm anziehen, denn selbst hierzulande treffen diese Trigger zu. Da hilft es nicht, Mobilfunk und Internet abzuschalten. Die Kommunikationsplattform der Zukunft ist STRASSE 2.0.

Verkauft wird uns das Stillhalten des Westens über Horrorszenarienfragen: Wollen Sie für eine Demokratie im Nahen Osten bezahlen? Nein, natürlich nicht – wir haben schon genug Banken, Länder und Währungen bezahlt. Oder: Was passiert, wenn die Muslim-Brüder die Macht übernehmen? Ein Regime wie im Iran? Nein, Danke! Man muss nur die richtigen Fragen stellen, um sich Rückhalt beim westlichen Volk zu holen. Da spielen wir doch lieber „Sieben auf einen Streich“ und fahren mit Mutti nach Spanien – den Euro retten. Wer braucht schon die Welt?

zurück