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Überflieger unten durch - Verlage

Was ist los in unserer Bildungsrepublik? Es hat sich was mit Wissensgesellschaft. Aus Wissen ist Information geworden. Teuer, nichts sagend, schnell wechselnd, ab und zu unwahr, strotzend vor Werbung, in schlechtem Deutsch und dann noch durchzogen von aneinander gereihten Fachbegriffen und Phrasen, dass einem schlecht werden könnte.

In keinen anderen Land der Welt sind Bücher und Zeitschriften so überteuert wie hierzulande. Für ein Taschenbuch 10 Euro, für ein Fachbuch 20 bis 90 Euro. Für die Tageszeitung 1,50 Euro, für Fachzeitschriften bis zu 10 Euro, für Wochenmagazine 4 Euro - und was steht drin? Sechzig Prozent Werbung!

Liebe Zeitungs- und Zeitschriften-Verlage, ihr habt euch abhängig gemacht von euren Werbekunden, die euch jetzt weg brechen. Darunter leiden eure Kosten. Hättet ihr von Anfang an auf Qualität gesetzt, hättet ihr mit euren Abonnentenstamm ein kalkulierbareres Budget. Was jetzt passiert, ist nur logisch: Zu den jetzt vorhanden finanziellen Mitteln passen in erster Linie Artikel, die von unbezahlten Praktikanten geschrieben werden, von Werbekunden, die auf seriös ihre Produkte in Artikeln beschreiben, Artikel von freien Mitarbeitern, die ihr rechtswidrig unterbezahlt - mit kostenlosen Abtritt aller Rechte, versteht sich - und von gehetzten Stammredakteuren, denen ihr das dreifache Arbeitspensum aufhalst. Hat das was mit Qualität zu tun? Allgemeine Artikel werden von gängigen Presseagenturen 1:1 übernommen. Produktartikel werden der Firmen als kostenlose Werbung eingereicht. Für Fachartikel bleibt kaum Zeit zur detaillierten Recherche. Gerne genommen werden auch Pressemitteilungen von Vereinen, die euch kostenlos ins Haus flattern und Heerscharen von Praktikanten überwachen das Internet auf jedes noch so unwahrscheinliche Gerücht, das ihr dann als Fakt verkaufen könnt. Stellt euch der Realität: Eure Drückerkolonnen von Anzeigenverkäufern bringen nicht mehr das Geld ein, das euren aufgeblähten Wasserkopf finanziert. Die selbst gemachte Krise (äh, Pardon: Chance) par excellence. So erfahren wir, welchen Produkten ihr nahe steht, welchen Firmen ihr verpflichtet seid und welche Meinung ihr uns verkaufen müsst, aber wir erfahren nicht, wie es in der Welt wirklich aussieht.

Liebe Buchverlag, warum habt ihr solche Angst vor dem Internet und dem ePaper? Ich verrate euch etwas: Dort sind Texte allen zugänglich – zu einem erschwinglichen Preis. In einer Gesellschaft, in der sich der Einzelne ernsthaft überlegen muss, ob er 20 Euro für ein Buch oder für die Zusatzbeiträge zur Krankenkasse verwenden kann, werdet ihr immer den Kürzeren ziehen, wenn ihr eure Preis- und Vertriebspolitik nicht schnell überdenkt. Gut, es mag sein, dass dies politisch so gewünscht ist. Ein Volk das sich nicht weiterbildet, wird wohl kaum Entscheidungen hinterfragen. Nur erkennbare Unterschiede werfen Fragen auf, regen zum Denken an. Du kannst in diesem Land doch nicht mehr denken und Geld haben. Darum die Medienkanalisation. Die großen Umsatzzahlen schafft ihr doch schon lange nicht mehr mit Qualität – nur noch mit Meinung und Boulevard. Und die dubiosen Schreiberlinge lassen sich das von euch auch noch hoch honorieren. Bezahlen wir deshalb die hohen Preise für Hetzschriften, Selbstbeweihräucherungen und Larifari? Nie haben sich so viele Menschen berufen gefühlt, ein Buch zu schreiben. Und ihr rennt allen hinterher. Auf 10.000 Nieten ein Bestseller? Nur dann rechnen sich eure Strukturen? Strukturen? Ein Klüngel aus Verlagen, Druckereien, Rechteverwertern, Talkmastern und Messeveranstaltern. Was ist dagegen schon eine Datei? Und überhaupt: Das Internet ist euch zu profan. Ihr seid die Bildungselite. Ihr habt die Hoheit auf das gedruckte Wort, zu dem Preis, der euch am Leben erhält. Wie lange noch?

Schön, wir haben einen Wirtschaftsaufschwung. Alles wird besser. Flagge zeigen in den Stellenanzeigen. So machen Firmen Werbung deren Marketing-Budget gekürzt wurde. Die dafür zuständigen Personalchefs, die die Bewerberflut der „Fachkräfte“ ausbaden müssen, gehen auf Tauchstation. Es wird erstmal nicht reagiert, bis dann eine Absage kommt. Ja, wir brauchen Fachkräfte – so der Tenor, den ihr alle schlagzeilenorientiert nachsummt. Wann seid ihr denn das letzte Mal Taxi gefahren? Heute morgen zum Büro? Hättet ihr die Fachkraft besser eingestellt, ihr Heuchler!

Ich bin es leid, eure Meinung abzubilden. Ehrlich!

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